Die Blutegeltherapie

Die Blutegeltherapie ist eine sanfte und natürliche Behandlungsmethode, die seit Jahrtausenden sowohl bei Menschen als auch bei Tieren erfolgreich eingesetzt wird. Bei dieser Therapie werden medizinische Blutegel auf die betroffenen Stellen des Tierkörpers gesetzt, wo sie durch ihren Biss und die Abgabe ihres Speichels heilende Wirkung entfalten. Der Speichel des Blutegels verfügt über eine Reihe von medizinisch wirksamen Substanzen, die während des Saugvorgangs in die Bisswunde abgegeben werden. Er gilt daher als biologische Apotheke mit Wirkstoffen, die auch in Arzneimitteln der Schulmedizin zum Einsatz kommen und wird somit als rezeptfreies Fertigarzneimittel eingestuft. Aus diesem Grund unterliegen Blutegel den gleichen Anforderungen an Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit, die an alle zulassungspflichtige Arzneimittel gestellt werden. Sie sind auch nur über spezielle Apotheken von Blutegelzuchten über einen zertifizierten Blutegeltherapeuten erhältlich, der diese als Therapie anwendet. Ich beziehe meine Blutegel ausschließlich über die Biebertaler Blutegelzucht, wo ich auch meine Zertifizierung zur Blutegeltherapeutin erfolgreich abgeschlossen habe.

Ablauf einer Blutegeltherapie

Unsere Fellnasen akzeptieren den Blutegelbiss in der Regel ohne Abwehrreaktion und tolerieren die Behandlung meist sehr geduldig und dösen vor sich hin. Eine Behandlung dauert meist zwischen 1-2 Stunden und findet bei Ihnen zu Hause in gewohnter Umgebung Ihres Tieres statt. Abhängig von der jeweiligen Indikation und des Heilungsverlaufs ist häufig eine ein- oder zweimalige Anwendung ausreichend, manchmal aber auch mehr.

 

Vor dem Ansetzen der Blutegel erfolgt eine klinische Untersuchung Ihres Tieres um festzustellen, ob sein Allgemeinzustand für die Behandlung gut ist sowie die genaue Lokalisation der zu behandelnden Stelle. Ebenso findet eine ausführliche Befragung, Beratung und Aufklärung statt, um das Vorliegen von Vorerkrankungen, möglichen Kontraindikationen, Risiken sowie Neben- und Nachwirkungen zu klären und zu besprechen. Nach Unterzeichnung der Einverständniserklärung beginnt die Blutegeltherapie.

 

Der Blutegel wird an die unrasierte vorgegebene Hautstelle gesetzt, beißt entweder direkt punktgenau oder sucht sich eigenständig die "richtige" Stelle. Der Blutegel verfügt über sehr sensible Sinne und ist äußerst temperaturempfindsam, wodurch er oft von selbst "weiß", wo sein Biss nötig ist und findet eigenständig warme, entzündete Körperareale. Nach dem Ansetzen und Festssaugen sägt er sich mit seinen Kalkzähnchen vorsichtig in die Haut, bis er auf Blut stößt. Durch Abgabe schmerzlindernder Stoffe ist dies nahezu schmerzfrei und wird mit Brennnesselstichen verglichen. Im weiteren Verlauf gibt der Blutegel seinen Speichel mit einer Vielzahl an Wirkstoffen in das Gewebe ab, er wird deshalb oft als "Wundermittel" bezeichnet.

 

Sobald der Saugvorgang abgeschlossen ist, fällt der Blutegel satt und dick von alleine ab. Die abgefallenen Blutegel nehme ich wieder mit. Es findet nun eine erwünschte Nachblutung statt, meist in etwa das doppelte Volumen des vollgesaugten Egels. Im Anschluss kontrolliere ich die erste Zeit des Nachblutens um Komplikationen frühzeitig zu erkennen (welche sehr selten auftreten und bei mir noch nie der Fall waren).

 

Ihr Tier sollte sich nach der Behandlung ein wenig bewegen, damit sich der Wirkstoff im Körper verteilen kann. Anschließend steht für den Behandlungstag nur noch Fressen, Trinken und Ruhe auf dem Programm. Ihr Tier sollte an diesem Tag unter Beobachtung bleiben, nicht ins Wasser gehen, keine körperliche Anstrengung wie z.B. Hundesport vornehmen und die Bisswunden dürfen nicht ableckt werden (diese bleiben i.d.R. offen und ohne Verband). Über die nächsten Tage bildet sich eine Kruste, welche keinesfalls entfernt werden darf. Sollten die Bisswunden stark jucken oder lokal anschwellen, kann eine juckreizstillende Salbe (z.B. Fenistil) oder Teebaumöl um die Bisswunde herum (nicht hinein) aufgetragen werden. Kratzen, Lecken, Scheuern und Beißen sollte unbedingt vermieden werden, um eine Wund- und/oder Sekundärinfektion zu vermeiden.

 

Nach einer Sitzung kann es sowohl zu einer Erstverschlimmerung (Beschwerden werden meist nach 24 Stunden nach der Therapie zunächst schlimmer und bessern sich nach ca. 1-2 Tagen) als auch einer Spontanverbesserung (direkte unmittelbare Verbesserung) kommen.

 

Nach jeder Blutegelbehandlung bin ich jederzeit für Sie erreichbar, sollten Fragen oder Unklarheiten auftreten. 

Wirkungsweise

- schmerzlindernd

- entzündungshemmend

- durchblutungsfördernd

- gerinnungshemmend

- Förderung des Lymphstromes (verbesserte Entschlackung / Entgiftung)

- antimikrobielle Wirkung

- kleiner Aderlass

- Förderung des venösen Abflusses

- Förderung des arteriellen Zustromes

- Verbesserte Zellernährung

Anwendungsgebiete

Kleintiere (Hund, Katze, Nagetiere)

- Arthritis / Arthrose

- Gelenkfehlbildungen (Dysplasien wie HD, ED)

- Erkrankungen des Sehnen- und Bänderapparats (Tendinitis, Tendovaginitis)

- Wirbelsäulenerkrankungen (Spondylosen, Diskopathien, Dackellähme, Cauda equina, etc. )

- Neuritiden (Nervenreizungen, Nervenentzündungen, z.B. Ischialgie)

- Lumbago (akute Rückenschmerzen / Hexenschuss)

- Myogelosen (Muskelverhärtungen)

- Ekzeme (auch Leckekzem, Ohrekzem, Zwischenzehenekzem)

- Blutohr

- Ödeme

- Abszesse

- Eitrige Wunden

- Mastitis (Gesäugeentzündungen)

- Wundheilungsstörungen

- Narbenproblematik / Operationsnachsorge (z.B. nach Kastration der Hündin)

- Hämatome (Blutergüsse)

- Venenerkrankungen (Thrombose, Thrombophlebitis)

- Lymphangitis

- Zahn- und Kiefererkrankungen

Großtiere (Pferde, alle Huf- und Klauentiere // nur Nichtschlachttiere)

- Arthritis / Arthrose (z.B. Schale, Spat, Schulterarthrose)

- Huf- und Klauenerkrankungen (z.B. Rehe, Mortellaro, Hornfäule)

- Erkrankungen des Sehnen- und Bänderapparats (z.B. Sehnen- und Sehnenscheidenentzündungen, Fesselträgerentzündungen,    
   Kreuzbandbeschwerden, Patellaluxation)

- Gelenkgallen (auch Piephacke, Nackenbeule, etc.)

- Hufrollenproblematik (Podotrochlose, Podotrochlitis)

- Wirbelsäulenerkrankungen (Spondylosen, Kissing Spines, etc. )

- Ataxien (Störungen der Bewegungskoordination)

- Lumbago (Kreuzverschlag)

- Myogelosen (Muskelverhärtungen)

- Myalgien (Muskelschmerz)

- Druckstellen (Sattel- oder Geschirrdruck)

- Ekzeme (z.B. Sommerekzem, Mauke)

- Abszesse

- Eitrige Wunden

- Blutohr

- Nüsternwarzen

- Phlegmone (Einschuss)

- Mastitis (Euterentzündungen)

- Wundheilungsstörungen

 - Narbenproblematik (auch post-OP)

- Hämatome (Blutergüsse)

- Venenerkrankungen (Thrombose, Thrombophlebitis)

- Lymphangitis

- Zahn- und Kiefererkrankungen

Nebenwirkungen

Da der Blutegel wirksame Stoffe durch seinen Speichel ins Blut abgibt, ist dieser -wie bei allen Medizinprodukten- auch nicht frei von Nebenwirkungen. Diese entstehen jedoch fast ausschließlich durch Fehler in der Anwendung, insbesondere durch eine nicht sachgerechte vorzeitige Stillung der Blutung, das vorzeitige Ablösen des Blutegels oder eine Behandlung trotz vorliegender Kontraindikation. Es ist daher zwingend notwendig die Vormedikation (vor allem blutverdünnende und gerinnungshemmende Medikamente, aber auch pflanzliche Präparate wie z.B. Weidenrinde) mitzuteilen, da diese 3 Tage vor der Egelsitzung abgesetzt werden müssen.

 

Allergische Reaktionen

Das Auftreten von lokalem Juckreiz und einer leichten Schwellung an der Bissstelle sind möglich.

 

Wundinfektion

Durch eine Verunreinigung der Wunde durch das blutegelspezifische Bakterium Aeromonas hydrophila kann es ebenso zu Juckreiz und Schwellung kommen. Diese wird antibiotisch durch den Tierarzt behandelt.

 

Sekundärinfektion

Häufiger kann es dazu kommen, wenn die Kruste mechanisch entfernt wird. Daher ist es eine wichtige Aufgabe des Tierbesitzers ihr Tier davon abzuhalten, sich an der Bissstelle zu kratzen, zu lecken, zu knabbern oder zu scheuern. In schweren Fällen kann eine antibiotische Behandlung durch den Tierarzt nötig werden. Ebenso ist eine erneute Blutegelbehandlung sehr wirksam.

 

Blutungen

Sollte der Blutegel eine oberflächlich verlaufende Arterie treffen oder ist die Blutgerinnung gestört, kann es zu unkontrollierbaren Blutungen kommen. Abhilfe kann in diesem Fall das Anlegen eines Druckverband es schaffen.

Kontraindikationen

Wann dürfen Blutegel nicht angewendet werden? - Immer dann, wenn das Risiko besteht, dass ein unkontrollierbarer Blutverlust droht oder es zu Komplikationen führen kann. 

 

- Schmerzmittel (sollten 3 Tage vorher pausiert werden)

- Anämie (Blutarmut)

- Blutgerinnungshemmende Medikamente

- Blutgerinnungsstörungen (z.B. Hämophilie)

- Blutverdünnende Medikamente

- Erysipel (Entzündungen der Lederhaut)

- Fieber

- Histaminallergie

- Kachexie (extrem schlechter Ernährung- und Allgemeinzustand mit Kreislaufbeeinträchtigung)

- Leukämie

- Magengeschwür und Zwölffingerdarmgeschwür

- bösartige Tumoren

- Quecksilberhaltige Medikamente

- Diabetes mellitus (oft schlechtere Wundheilung, aber nach neusten Erkenntnissen, ist das Egeln diabetischer Wunden  

  besonders geeignet, es kommt jedoch zu stärkeren Nachblutungen, daher nur bei Patienten in gutem Zustand geeignet)

 

"Unechte Kontraindikationen", also was mögen die Egel nicht und möchten deswegen oft nicht beißen:

- Parasitenabwehrmittel gegen Zecken, Flöhe, Insekten

- alle Duftstoffe (z.B. Cremes, Shampoo, Öle, Sprays)

- Gewitter

- Umgebungstemperatur (zu heiß / zu kalt)

Nachwirkungen

- Nachblutung (notwendig, erwünscht)

- lokale Schwellung (selten, unbedenklich)

- lokale Wärme (selten, unbedenklich)

- Müdigkeit, Abgeschlagenheit (anstrengende Regeneration)

- Übermut 

- Spontanverbesserung

- Erstverschlimmerung

Quelle: "Blutegeltherapie bei Tieren" von Anke Henne, 5. erweiterte Auflage